Fußball, Fußball und Theater, Fußball und Schauspiel


Peter Thiergen

"Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur!"
Fußball und Theater



Abstract: Der Essay zeigt, wie eng Fußball und Schauspiel/Theater/Drama zusammenhängen. Dabei wird nicht nur einer Vielzahl von sprachlichen und insbesondere metaphorischen Entsprechungen nachgespürt, in denen sich die beiden Publikumsereignisse wechselseitig interpretieren, sondern auch gezeigt, auf welchen medialen Grundlagen, Erfahrungen und Rezeptionsdispositionen diese Entsprechungen beruhen.


Am 21. Mai 2001 überschlugen sich im deutschen Blätterwald Formulierungen wie "aufwühlende Dramaturgie", "unglaubliches Drehbuch", "mitreißendes Szenario", "Leid und Leidenschaften pur", "unfaßbare Tragödie". Es ging nicht um die Beschreibung eines hochdramatischen Films oder Bühnenstückes, auch nicht um den medienwirksam inszenierten Ablauf eines Beziehungsdramas oder Verbrechens. Es ging um Fußball. Zwei Tage zuvor, am 19. Mai, war in einem "Herzschlagfinale" zwischen "Horror und Hitchcock" (so eine Fernsehreportage) die deutsche Fußballmeisterschaft entschieden worden: Bayern München hatte in einer sensationellen Peripetie dem Verein Schalke 04 in buchstäblich letzter Sekunde den Titel entrissen. Der "emotionale Ausnahmezustand" vieler Fans, aber auch mancher Spieler, schlug sich zwischen Elend und Euphorie in hemmungslosen Tränengüssen nieder. Wenige Tage später hieß es in einer Vorschau auf das Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Valencia mit Blick auf das Desasterpotential großer Fußballkämpfe: "Solche schicksalhaften Verkettungen, gegen die der Mensch vergeblich ankämpft, waren einst Grundlage für griechische Tragödien - und sind es nun als Trivialstoff im großen Fußballtheater"(1). Diese Anleihen an der Gattung des Dramas und der Theatersprache sind kein Zufall.

In Reportagen, Interviews oder Zeitungsberichten zum Fußballsport trifft man seit langem, in letzter Zeit freilich vermehrt, auf eine 'theatralische' Begriffswelt. Da ist von der "Dramatik" des Spiels und seiner "theaterhaften Dramaturgie" die Rede, von einer "aufsehenerregenden Vorstellung" oder von einem "spielerisch enttäuschenden Auftritt", vom "glücklichen" oder "unglücklichen" Ausgang des "Duells", von "Theatralik pur" und "schauspielerischen Einlagen" der Akteure, die auch "handelnde Personen" genannt werden, oder vom "tragischen Helden", der trotz großer Leistung am Ende den entscheidenden Elfmeter verschießt(2). Technisch versierte Spieler werden mit "Künstlern" verglichen, die "Kabinettstücke" abliefern und damit das "Drehbuch" eines Matches bestimmen. Die Teilnahme deutscher Vereine an der Champions-League sei, so heißt es, eine "Rückkehr auf die europäische Bühne", der gegenüber die "Heimatbühne Bundesliga" nur mühsam bestehen könne. Herausragende Auftritte machen einen Spieler zum "Bühnenstar des deutschen Fußballs", und vermeintlich skandalträchtige Reaktionen von Trainern werden zum "Theaterstück der Saison" stilisiert (so im Sommer 1999 im Fall Werner Lorant).

Wenden sich junge Profis von ihren Förderern oder 'Ziehvätern' ab, muß gar das Bild vom ödipalen "Vatermord" herhalten (so in der Kontroverse Sforza/Rehhagel). Zugleich wird anspruchsvoll von "Stadion-" und "Fußballkultur" gesprochen, die in ihren großen Momenten "besten Unterhaltungswert" besitze. Für viele Zuschauer gelte mittlerweile, so Kenner der Materie: "Erlebnis geht vor Ergebnis" (FAZ vom 23. August 1999, S. 33). Entsprechend werden Erlebnis- von Ergebnisfußballern unterschieden (Ebda., 28. August 2000, S. 41). Manche Spieler entwickeln nach gelungenen Auftritten ein regelrechtes 'Verbeugungsritual' gegenüber dem Publikum, und der Hamburger Stürmer Roy Präger formulierte kürzlich: "Es ist wie im Theater - für eine gute Leistung gibt es viel Applaus" (Ebda., 13. September 1999, S. 41). Fußball ist, so Roland Zorn, "Freiluft-Theater" (Ebda., 06. Dezember 1999, S. 41). Es geht nicht mehr um den "gewöhnlichen Kick", sondern um "Fußball-Oper" (so U. Wickert in den Tagesthemen vom 10. August 2000). Diese und ähnliche Vergleiche haben ihre Berechtigung. Die Bühne und das Stadion bieten sensu stricto Schau-Spiele. Fußballer und Bühnendarsteller sind Spieler, auf die geschaut wird, eben Schau-Spieler. Als gelegentlichem Fußball- und Theaterflaneur sei mir gestattet, im weiten Feld der angesprochenen Analogie ein wenig zu assoziieren. Dabei sei hin und wieder ein Telegrammstil erlaubt.


Bertolt Brecht, von dem Beiträge mit Titeln wie Sport und geistiges Schaffen oder Das Theater als Sport stammen, verkündete einst: "Man muß ins Theater gehen wie zu einem Sportsfest" (Berlin-Frankfurter Ausgabe, Bd. 21, S. 57). Ein solches Postulat mag zunächst verwundern, doch es enthält viel Zutreffendes. Besonders Fußball und Theater haben manche Gemeinsamkeit. Die Parallelen zeigen sich vor allem in den 'dramatischen' Situierungen und Grundstrukturen: Stadion = Bühne, Spieler = Schauspieler (Vielpersonenstück!), Mannschaft = Ensemble, Reserve und Ersatzbank = zweite Besetzung, Zuschauer (Fans) = Theaterbesucher, Sportdirektor = Theaterdirektor, Haupttribüne = Parkett, Pausenfüller = Intermedium. Zurufe an die Stadionbesucher = Beiseitesprechen. Zwei Halbzeiten und ggf. Verlängerung mit Elfmeterschießen = mehraktiges Stück. Einheit der Zeit und Einheit des Ortes (90 Minuten, die eine Arena). Trainer/Schiedsrichter = Regietheater. Der Mittelfeldspieler als "Dirigent" oder "Regisseur". Das Rollenspiel ("jugendlicher Held"; "alternder Star"; "Nebenfigur", an der das Spiel vorbeigeht). Training = Proben, Trikots = Kostüme, Fußballstiefel = Kothurn, Spielabbruch = Theaterskandal. Dauerkarten = Theaterabonnement. Flutlicht = Bühnenbeleuchtung. Trommeln als Anfeuerung = Trommeln in der Nacht. Bundesligasaison bzw. Spielzeit = Theatersaison. Beifall oder Buhrufe. Programmhefte und Medienkritik. Fußball-Jahrbuch und Bühnen-Jahrbuch. Der Kicker und Theater heute. Die VIPs in der Ehrenloge und das Fußvolk im dritten Rang. Auch Fußballkünstler spielen hin und wieder "für die Galerie". Fußball und Theater sind prädestiniert, über ihren "rituellen Charakter" (W. Jens), über Semiotik und frappant ähnliche Kodierungsmöglichkeiten verglichen zu werden(3).

Die Darsteller sind Profis, die Zuschauer zumeist Laien. Zwischen beiden gibt es gleichwohl Interaktionen, ja "symbiotische Verschmelzungssekunden" (R. Zorn). Das Spielgeschehen emotionalisiert (Freude, Begeisterung, Wir-Gefühl, Hoffen und Bangen, Entsetzen, Trauer, Tränen ...). Das Theater garantiert keine poetische, das Fußballspiel keine sportliche Gerechtigkeit(4). Empörung auf den Rängen ("es kroetzt mich an"), Fans werden Fanatiker. Zwischen Hosianna und "Kreuziget ihn!" "Hochdrucksituationen"(5) als Erregungsschauspiel. "Rasiermesser-Schärfe des Augenblicks"(6). Kathartische Momente. Die Nachbetrachtung erfolgt rationaler. Der Spielverlauf kennt auch im Fußball Auftakt (Exposition = "abtasten"), Spannungssteigerung, Retardation ("das Spiel verflacht"), Peripetie und Katastrophe. Das live erlebte Match ist im Ergebnis erst nach dem Schlußpfiff bekannt(7). Wer den Text eines Dramas nicht gelesen hat, kennt den Ausgang erst nach dem letzten Vorhang. In beiden Fällen sind überraschung und Spannungsbogen korreliert. Und jede Fußballpartie ist eine Erstauführung!

Dramatisches Bühnengeschehen basiert zumeist, wie im Fußball, auf dem Antagonismus zweier Parteien und Personenkonstellationen (die 'Einheimischen' gegen die 'Fremden', die 'Guten' gegen die 'Bösen', die 'Jungen' gegen die 'Alten', 'Emanzen' gegen 'Machos', die 'Arrivierten' gegen die 'underdogs'). Agonales Prinzip und bipolare Ordnungen. Der - physische und psychische - Zweikampf auf dem Platz als gestisches und dialogisches Duell auf der Bühne ("verbales Tackling"). Mehrgespräche und Simultanszenen. Der Foulspieler als Schurke, der 'Gefoulte' als Schauspieler (Schwalben-Metapher, Diver-Vergleich). Die Torwartparade als parierte Wortattacke, das Tor als Handlungsgipfel, der Ausgleich als Gegenintrige. Der prozessuale Match-Verlauf - mit Spiel und Gegenspiel, mit Angriff und Konter, Triumph und Desaster - wird am Ende zu einem Resultat gebracht, das entweder Sieg bzw. Niederlage kennt (= tektonisches Drama, final) oder im Unentschieden endet (= atektonisches Drama, zirkular).

Fußball als Freilichtbühne und Massenaufführung. Als Evasion und Ersatzwelt, in welcher der "Ausputzer" oder "Manndecker" für den gezähmten Sozialsofti schon mal abräumen darf. Theatralisches Stellvertretergeschehen mit Identifikationsangebot(8). Hier kann es, wie in Gustav Freytags Dramentheorie ("Drang zur Tat"), hand- bzw. fußfest zur Sache gehen. Fußball als Spektakel im Wortsinn, wie im Theater. Freilich: das Spektakuläre ist nicht garantiert. Langweiliges Spiel gibt es im Stadion wie auf den Bühnenbrettern. Bei letzteren muß man allerdings Stückintention und schauspielerisches Unvermögen trennen. In der Fußballarena gibt es diese Differenz nicht, weil abgekartete Remis selten sind. Fußballroutine = Well-made Play. "Kontrollierter Käse". Fußballspieler können im Livegeschehen ausgewechselt werden, Schauspieler nicht.

Stadion und Theater als nationale Kult- und internationale Pilgerstätte. Old Trafford als "Wallfahrtsort der Fußballmoderne" und "Theatre of Dreams" (Eichler 2001). Die Namengebung zwischen Funktionalismus ("Fußballclub"/ "Schauspielhaus") und Klassikerverehrung ("Fritz-Walter-Stadion"/"Schillertheater"). Oder Benennungen nach Region und geographischer Lage ("Betzenberg", "Westfalenstadion"), nach Ereignissen und Gründungsdaten ("Schalke 04", "theater 89"), nach Politikern ("Leninstadion") und ideologischen Vorgaben ("Dynamo Moskau"/"Dynamo Dresden" = "Dynamotheater"/"Volksbühne"). Olympiastadion vs. Thalia-Theater. Manche Stadien heißen sogar "Tivoli" (z. B. in Aachen), und manche Vereine werden traditionell als "launische Diva" bezeichnet (z. B. die Frankfurter Eintracht).

Das Spezielle der Theaterterminologie und die Eigenart der Fußballsprache (Bananenflanke, Rotationsprinzip, hängende Spitze, aus der Tiefe des Raumes ...)(9). Obszönität auf der Bühne (Fäkalsprache, Impudenz) und obszöne Provokation in der Fußballarena ("Stinkefinger", entblößte Hintern...). Ritualisierte Tabubrüche und ritualisierte Zuschauerreaktionen. Theatralität als poetische und gestische Lizenz. "Die Wahrheit ist auf dem Platz". Die Wahrheit ist auf der Bühne. "Das nächste Spiel ist immer das schwerste" (S. Herberger). "Das nächste Stück ist immer das schwerste" (B. Minetti).

Zweckfreies Spiel? Werbung, Sponsoren, Fernsehverträge. Nationale Ehre? Marktwert der Akteure; Starallüren und Künstlernamen; Doping und Narkotika; das internationale Engagement ("Abwerbung"). Spielbetrieb = Kulturbetrieb. "Gedopte Gladiatoren" und "Bühne für Cleverness"(10). Spielergewerkschaft = Gewerkschaft der Bühnendarsteller. Spielervermittler = Theateragenturen. Ermäßigter Eintritt für Jugendliche. Provinzklub = Provinztheater. Stadionneubau = Theaterneubau. Subventionsbetrug. Europameisterschaft = Europafestival. Inflation der Fußballübertragungen = Inflation der Kulturevents. Stars und Starletts, Hauptdarsteller und Komparsen. "Der Star ist die Mannschaft". Der Star ist das Ensemble.


Theater und Fußball, das ist reale Aktion, wirkliche Handlung als Spiel in Ausschnitten, mit Matadoren und Wasserträgern, manchmal erschütternd und kathartisch, manchmal zum Gähnen fad. Immer aber im Livegeschehen dem Kino überlegen. Film und Fernsehen zeigen Abläufe wie hinter Glas, direkte Interaktion zwischen Darsteller und Zuschauer ist ausgeschlossen. Kassetten als editio castrata, gewissermaßen. Fußball als bloße Radioreportage bleibt Hör-Spiel. Bertolt Brecht wußte, warum Theater und Sport der Vorrang gebührt: "Das Kino ist was für die armen Teufel, die ihren Hunger nach Handlung und Romantik stillen wollen [...] das Kino, das ist eine Speiseanstalt, ein Automat, ein Asyl für geistig Obdachlose - aber das Theater ist für die feineren Genießer [...] Man muß ins Theater gehen wie zu einem Sportsfest [...] Das hat das Kino nicht, das mehr für die Dummen ist, die das Innere und Schwierigere nicht begreifen. Darum müssen die Klügeren und Feineren in das Theater gehen, aber sie müssen es, wie gesagt, mehr nach der sportlicheren Seite hin betrachten" (aaO., S. 56 ff.). Als Fußball Ende des 19. Jahrhunderts von England nach Deutschland gelangte, wurde er zunächst nicht zum Sport der Arbeiter, sondern der Angestellten und neuen Mittelschichten. Er wurde gepflegt, um ein "Verkleidungs- bzw. Schauspiel aufzuführen. Das Stück, das gegeben wurde, hieß 'bürgerliche Gesellschaft'"(11).


Soziologen und Kulturkritiker befinden zunehmend, wir seien eine Spaß- und Erlebnisgesellschaft der "Teilzeit-Menschen". Freizeitnehmer statt Arbeitnehmer. Ludi circenses. Der keineswegs berufsblinde Fußballtrainer Otto Rehhagel spricht mit Blick auf sein Metier von "diesem Zirkus", der nichts mit der "Realität des Lebens" zu tun habe (FAZ vom 04. Februar 2000, S. 39). Wolfgang Welsch spricht mit Blick auf die Medien von der "Derealisierung des Realen" (S. 19). Die Welt als Bühne. Barock, Medienwelt, optische Opulenz. Fußballtheater, Literaturtheater, Regierungstheater. Universitäres Profil- und Projekttheater(12). Medienaffen und Straßenhüpfer. Kulisse statt Kultur. Jeder funktionalisiert jeden: "Erlebnismarkt" (G. Schulze). Theatralitätsstudien als Modeerscheinung. "Spektakel-Kultur" (U. Eco). Die Beleuchtung muß stimmen (Enlightenment!?). Illusion des Als-ob und Simulation des Absurden. "Der Schein bestimmt das Bewußtsein"(13). Ich inszeniere (mich), also bin ich. Das Dasein als "dramatische Gestaltung" (Goffman). Unterhaltung im Doppelsinn: panem et, siehe oben. Das Parkstadion als Freizeitpark. The show must go on, und sei es als "Ikpeba-Show". Event-Kultur mit Beliebigkeit. Extropismus der "unaufhörlichen Mobilmachung" (M. Geier). Wir amüsieren uns zu Tode. Der Vorhang zu, und alle Fragen offen. Franz Beckenbauer als Reich-Ranicki der Fußballszenerie. Basler als Buffone. "Organisierte Spontaneität" als Paradoxen des Theatralischen? Theatromanie als überkompensation? Kurzweil als Flucht vor der Langeweile? Entertainment statt Weisheitsgewinn?

Schon Augustin wollte die miracula spectaculorum und die nugae theatricae, die Albernheiten des Theaters, "beiseite tun"(14). Vielleicht dachte er dabei an Prediger Salomo, der kritisierte, daß die Menschen "zu viele Künste suchen" (7,29). Platon warnte, wie später Tolstoj, vor dem wahrheitsfernen ästhetischen Schein. Philosophen und Lessing wußten: "Alles Stoische ist untheatralisch"(15). Kant formuliert: "Die wahre Stärke der Tugend ist das Gemüt in Ruhe". Oder Schopenhauer: Die Menschen gehen "am liebsten herdenweise" einher, weil sie infolge ihrer "inneren Leere" eher andere als sich selber ertragen können. Was in der Spektakel-Kultur zählt, so Umberto Eco, ist das "kollektive Ritual". Äffischer Nachahmungstrieb? Das Äffische als Ausdruck von "Spätkultur" (H.-J. Gerigk)?

Oder wenigstens Zugewinn an Verfeinerung und Genußkultur? Die Erlebnisgesellschaft als ästhetische Gesellschaft? Wenn schon keine Wahrheitsästhetik, dann wenigstens Wirkungsästhetik? Walter Jens - mirabile dictu - als leibhaftiger Festredner beim Deutschen Fußballbund (1975 in Frankfurt). Schauspieler als begeisterte Fußballfans. Trainer als engagierte Theaterliebhaber. Der große Minetti und der deutsche Nationaltrainer Herberger in Freundschaft verbunden(16). Fußballgrößen als Besucher der Bayreuther Wagner-Festspiele. Fußball als Faszination für Intellektuelle und "Theaterleute" (R. Zorn). Der Regisseur Jürgen Flimm als Mitglied beim "1. FC Thalia"(17). Der Manager des Fußballklubs Werder Bremen, Willi Lemke, wird Senator für Bildung und Wissenschaft und obendrein Präsident der Kultusministerkonferenz. Eine Sektion des 43. Deutschen Historikertages widmete sich den "Kindern der Bundesliga"(18). Fußball und Theater als "Modell für Lebenskunst". Neue Stadienkonzepte sehen oberirdisch die Fußballarena und unmittelbar darunter unterirdische Konzert- und Theatersäle vor. Es gibt Ausstellungen zum Thema "Fußballinterpretierende Kunst"(19). Städtische Schauspielhäuser kooperieren mit einheimischen Fußballvereinen und bringen Fußballstücke auf die Bühne (so u. a. in Bochum, Bremen und Trier)(20).

Körperausdruckslehre, Körperzeichentheorie, "inszenierte Körper": Das Theater als Kulturmodell(21), der Sport als "aesthetic appeal"(22) im allgemeinen "Ästhetik-Boom" (W. Welsch)? Alle sind Künstler - alles ist Kunst? Alles Festspiele - oder was (W. Passow)? Überall performance und happening? Das Serielle als Leerlauf? Die außersprachliche Darstellung wichtiger als die sprachliche? Weg vom Sprechtheater und "Dominanz des Körpers"(23)? Totus mundus agit histrionem. "All the world's a stage/And all the men and women merely players"(24). Wie es euch gefällt. Apopudobalia(25). Harlekinade. Kairos der temporalia. Osip Mandel'stam (1891-1938), der russisch-jüdische Dichter, wurde durch den abgetrennten Kopf des Holofernes aus den Judith-Dramen an einen Fußball erinnert (vgl. sein Gedicht Futbol von 1913)! Kritiker haben ihm dafür keineswegs die Rote Karte gezeigt. Pelés Knie ist literaturfähig. Vladimir Nabokov stand, wie Camus, "mit Begeisterung" im Tor und hat die "exzentrische Kunst" des Torwarts emphatisch beschrieben(26). Eckhard Henscheid hat ironiegesättigte "Fußball-Dramen" geschrieben. Günter Grass kann sich, wie Martin Heidegger, Bernhard Minetti, Walter Jens, Javier Marias, Jürgen Flimm oder Sigmar Wittig, für Fußball begeistern. Der Regisseur Volker Schlöndorff will in mehrjährigen Dreharbeiten einen Film über den Berliner Fußballbundesliga-Verein Hertha BSC erstellen. Hoch- und Populärkultur verschmelzen, wie bei der Poetry-Slam-Bewegung. Schon Blaise Pascal räumte dem Ballspiel als Zerstreuungsaktion eine gewisse Dignität ein(27).


Die Welt als Theater, das ist - trotz aller Suggestivität des Bildes - eine Aussage mit Platitüdencharakter. Entsprechend tautologisch sind, von Ausnahmen abgesehen, einschlägige Untersuchungen. Alles ist Lifestyle: Beliebiger Beitrag im unendlichen Diskurs. Das Serielle als absurde Eventkette. Was ist die Welt? Diese "Frage aller Fragen" führt zu vielen Antworten: Die Welt als Schöpfung und Glücksraum, als Laune der Natur, als Jammertal und Tollhaus (Schopenhauer), als proscenium und "ewiges Gedicht"(28). In dieser Welt agieren transitorische Wesen als Gladiatoren oder homunculi, als denkende Schilfrohre oder Gliederpuppen, als Glücks- oder Falschspieler, als Spielverderber oder 'Fairplayers'. Der Fußballer, der den Ball tritt, ist zugleich Spielball inszenatorischer Systeme. Regisseure und Marionetten, Produzenten und Konsumenten sind interdependent.Wenn Fußball omnipräsent und das Theatralische ubiquitär ist, wird Fußball-Theatralik zu einem Alltagsphänomen mit Verschleißerscheinungen. Und wie bewältigen wir das Phänomen, daß die "Zuschaugesellschaft" der Sportenthusiasten bei Kriminalität häufig zur "Wegschaugesellschaft" wird?

Viele Sportarten besitzen ein hohes allegorisches Potential. Man denke an Günter Herburgers (Lebens-)Lauf-Romane Lauf und Wahn (1988) bzw. Traum und Bahn (1994). Oder an Joschka Fischers Bericht Mein langer Lauf zu mir selbst (1999). Langstreckenlauf (Herburger und unser Außenminister sind Marathonläufer) gleicht eher einem epischen als einem dramatischen Vollzug. Letzterem steht, wie der Fußball, das Boxen nahe. Der ukrainische, in Deutschland lebende Boxweltmeister im Schwergewicht Witalij Klitschko äußerte hierzu: "Boxen, das ist eine Kunst [...] Man möchte etwas Besonderes zeigen. Nicht jeder kann das. Der Boxring ist eine Szene, wie im Theater. Ein kleines Drama, und der Boxer muss wie ein guter Schauspieler sein"(29). Das ist trefflich beobachtet. Witalij Klitschko ist übrigens nicht nur Boxer, sondern auch Träger eines Doktortitels. Der Box-Kommentator Werner Schneyder ist zugleich Theaterregisseur. Der Ring schließt sich.


Boxen, Fußball, Stierkampf (Hemingway!) und Theater als Kunst, als Wettstreit zwischen dem agonalen Prinzip und dem histrionischen Gehabe. Tradition steht gegen Experiment ("Ausputzer" oder "Viererkette"?), Urbild gegen Abbild, das Wirkliche gegen das Arrangierte, das Existentielle gegen das ästhetische. Zweckfreies Tun und Erleben gegen Arbeit und Pflicht? Spiel gegen Geschäft? Die Tauromachie, das Theater- oder Fußballspiel, wie die Oper, als Gesamtkunstwerk, als Gleichnis und Weltmetapher? Als unendliches Work-in-Progress? Fußball eben nicht als festum stultorum, nicht als Parvenüsport und "diabolisches" Verdummungsopium für die Massen? Oder doch als Ausdruck von "Seinsgier" und "Ontozentrik" (vgl. Lütkehaus)? Als Mixtur von lügnerischen und spielerischen Kulissen (vgl. Schulze 1999)? Produziert der "Ästhetisierungstrubel" nur "Anästhetik" (vgl. Marquard und Welsch)? Ist Zerstreuung als Wendung des Ich nach außen das Gegenteil von Aufmerksamkeit(30)? Wie immer: Das Analogie-Potential von Fußball und Theater hat einen verblüffenden 'Spielraum'. Wenn es inzwischen tatsächlich so etwas wie "Stadion- und Fußballkultur" gibt und diese nicht mehr 'im Abseits' des hooliganism steht, hätte Huizinga ein weiteres Mal recht: Im homo ludens zeigt sich, daß alle Kultur Spiel-Charakter besitzt. Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.

Das war's: Game over. Delirat lingua, labat mens (Lukrez). Ein großer Aufwand, schmählich! ist vertan.



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Petra Weber, Da steh ich nun, ich armer Tooor! Radiofeature, WDR 1996 u. ö. (Zugleich als CD).

Wolfgang Welsch (Hg.), Die Aktualität des &Äuml;sthetischen, München 1993.

Jürgen Wertheimer/Peter V. Zima (Hgg.), Strategien der Verdummung. Infantilisierung in der Fun-Gesellschaft, München 2001.

Roland Zorn, Faszination Fußball. Auf den Spuren eines Phänomens, in:

100 Jahre DFB. Die Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes, Berlin 1999, S. 115-128.

Ders., Hohe Zeit der Leidenschaft. Der Bundesliga-Kommentar, in: FAZ Nr. 284 vom 06. Dezember 1999, S. 41.

Ders., Thriller und Heldenstück. Der EM-Kommentar, in: FAZ Nr. 139 vom 17. Juni 2000, S. 40.



Fußnoten

(1) Michael Horeni, Bayern für Deutschland, in: FAZ vom 23. Mai 2001, S. 46. Siehe auch Ders., Der FC Deutschland, in: FAZ vom 25. Mai 2001, S. 1, sowie Unglaublich, aber Fußball, in: Ebda., 21. Mai 2001, S. 40.    zurück

(2) Zitate entstammen hier wie im folgenden, soweit nicht anders vermerkt, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung, der Zeit sowie Fernsehberichten aus dem Zeitraum zwischen August 1999 und Mai 2001. Eine systematische Auswertung ist allerdings nicht erfolgt.    zurück

(3) Gerhard Schulze formuliert: "Fußball [...] ist für die verstehende Soziologie eine Landschaft von Zeichen" (Schulze 1999, S. 11).    zurück

(4) Zur "Poetischen Gerechtigkeit" vgl. Wulf Segebrechts Rezension zu W. Zach, Poetic Justice. Theorie und Geschichte einer literarischen Doktrin, Tübingen 1986, in: Arbitrium 3/1991, S. 267-272.    zurück

(5) So Fifa-Schiedsrichter L. M. Fröhlich in der Zeit vom 17. Mai 2001, S. 65.    zurück

(6) So Goethe über das Risiko des Schauspielers. "Teilhabe am lebendigen Augenblick" ist für Jürgen Flimm die Verbindung von Sport und Theater.    zurück

(7) "Warum gehen die Menschen ins Stadion? - Weil sie nicht wissen, wie's ausgeht" (diesen Satz Sepp Herbergers zitierte Bundespräsident Johannes Rau in seiner Ansprache zum 100jährigen Bestehen des Deutschen Fußballbundes am 28. Januar 2000 in Leipzig).    zurück

(8) Als die deutsche Nationalmannschaft 1954 in Bern im Endspiel um die Fußball-welt-meisterschaft die scheinbar übermächtigen Ungarn besiegte, landete sie einen Coup ungeahnten Ausmaßes: Der Sieg nach dramatischem Spielverlauf (die deutsche Elf hatte 0:2 zurückgelegen und mit Glück weitere Chancen der Ungarn abgewehrt) bedeutete nicht weniger als die Rückkehr Deutschlands auf die sportliche, öffentliche Weltbühne. Der deutsche Sport konnte wieder eine führende Rolle übernehmen, im internationalen Inszenierungsgeschäft mitmischen und zur wachsenden Akzeptanz Deutschlands beitragen. Im "Wunder von Bern" steckte die alte David-Goliath-Geschichte, und Deutschland gehörte, wenigstens sportlich, wieder zu den Siegermächten. Sporthistoriker und Philosophen, Schriftsteller und Soziologen, Politiker und Psychologen haben das symbolisch-spektakuläre Potential dieses Triumphes vielfältig gewürdigt. Und Friedrich Christian Delius hat dazu die autobiographische Erzählung Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde geschrieben (zum Indentifikationsappell ebda. S. 107 f., 113, 115 u. ö.).    zurück

(9) Zur Sprache der Fußballberichterstattung vgl. Schweickard 1987 und zuletzt Gil 1998.    zurück

(10) Vgl. die schonungslosen Diagnosen von Gäb 2000 oder Schümer 2001.    zurück

(11) Christiane Eisenberg, "English sports" und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939, Habilitationsschrift, Paderborn 1999, S. 185. Zu historisch-sozialen Aspekten auch Bourdieu 1985.    zurück

(12) "Ein neu Projekt ward vorgebracht,
Willst du dich nicht damit befassen?"
Habe schon mal bankrott gemacht,
Nun will ich's andern überlassen.
(Goethe, Gedichte aus dem Nachlass/Zahme Xenien).    zurück

(13) Hans Lenk, Kritik der kleinen Vernunft. Einführung in die jokologische Philosophie, Frankfurt a. M. 1987, S. 112.    zurück

(14) Augustinus, De vera religione, LI 100 (= Abschnitt 279).    zurück

(15) G. E. Lessing, Laokoon, Kap. I.    zurück

(16) Vgl. Minetti 1982.    zurück

(17) Flimm 2001, 2. Spalte.    zurück

(18) Vgl. 43. Deutscher Historikertag. Programm, Aachen 2000, S. 72.    zurück

(19) Vgl. den Ausstellungskatalog KunstFussball & FussballKunst.    zurück

(20) Vgl. das Radiofeature von Petra Weber, Da steh ich nun, ich armer Tooor!, sowie die Farce von Wolf-Dietrich Sprenger, Null zu Null.    zurück

(21) Vgl. den Sammelband Theater im Kulturwandel des 18. Jahrhunderts (Göttingen 1999).    zurück

(22) Vgl. Gumbrecht 1999, S. 361.    zurück

(23) Vgl. Diezel 1999.    zurück

(24) Shakespeare, As You Like it, II/7, Verse 144-45. Zur "Play Metaphor" vgl. Barton 1962, Kap. III.    zurück

(25) Vgl. den Herausgeberscherz im Neuen Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. I, Stuttgart/Weimar 1996, Sp. 895: Apopudobalia sei als "antike Sportart" eine "Vorform des neuzeitlichen Fußballspiels". Als "grundlegende" Sekundärliteratur wird eine Festschrift für "M. Sammer" angegeben! Siehe dazu J. Werner, Apopudobalia, in: Kleos 2 (1997), S. 255-264. (Die Hinweise verdanke ich unserem Gräzisten und Fußballkenner Klaus Döring). Zu antiken Ballspielen vgl. ansonsten die Dauerausstellung im Deutschen Sport- und Olympia-Museum (Köln).    zurück

(26) Vgl. V. Nabokov, Erinnerung, sprich. Wiedersehen mit einer Autobiographie. Deutsch von Dieter E. Zimmer, Reinbek 1991 (= Gesammelte Werke, Bd. XXII), S. 250f., 321f. und 362ff.    zurück

(27) Vgl. B. Pascal, Gedanken. Einführung von Romano Guardini, Birsfelden-Basel o. J., S. 178f.    zurück

(28) Vgl. Segebrecht 1998.    zurück

(29) Zitiert nach einem Bericht von Uwe Prieser in einer Septembernummer der Zeit von 1999.    zurück

(30) Vgl. A. und J. Assmann 2001, S. 265ff. den Beitrag von Patricia Oster über die "Phänomenologie der Zerstreutheit [...]".    zurück